Familie König aus Furth im Wald hat die Langlebigkeit von Formaldehyd am eigenen Leib zu spüren bekommen. Vor zwei Jahren kaufte sie im Frühjahr ein Fertighaus aus dem Jahre 1975. In den ersten Monaten fühlten sich die König’s noch wohl im neuen Domizil, denn im Sommer wurde stets gut gelüftet und gesundheitliche Beschwerden blieben aus. Doch in der Winterperiode dämmerte den Bewohnern, dass etwas mit dem Haus nicht stimmte. Die Kleidung roch eigenartig und Frau König plagte eine langwierige Erkältung. Die Analytik der Innenraumluft brachte schließlich Gewissheit: der Formaldehydgehalt lag in zwei Zimmern überdurchschnittlich hoch und die Analyse des Hausstaubs ergab eine Belastung durch Holzschutzmittel.
Formaldehyd ist eine chemische Substanz mit der Kennziffer CAS50-00-0 und gehört nach der Gefahrstoffverordnung zu den giftigen Stoffen im Innenraum. In Tierversuchen wurden erbgutverändernde und sensibilisierende Eigenschaften nachgewiesen. Deshalb hat die EU-Verordnung 1272/2008 (CLP-V) Formaldehyd seit Juni 2014 als Carcinogen 1B = wahrscheinlich krebserregend und als Mutagen 2 = Erbgut verändernd eingestuft. Formaldehyd wird hauptsächlich über die Atemwege und die Haut aufgenommen. Betroffene klagten über Augen- und Schleimhautreizungen, Hustenreiz, Atembeschwerden oder Hautausschläge. Die chronische Einwirkung kann zu allgemeinen Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, Abgespanntheit oder Nervosität führen. Die Reizeffekte verschwinden jedoch, sobald die Formaldehyd-Exposition aufhört und es gibt eine weitere gute Nachricht: Formaldehyd reichert sich im Gegensatz zu anderen schädlichen Chemikalien nicht im menschlichen Organismus an.
Formaldehydquellen in Innenräumen sind vielfältig. Spanplatten und Holzplatten mit Bindemitteln auf Formaldehydbasis gelten als Hauptverursacher. Sie sind in Möbeln, Fußböden oder Verkleidungen verbaut. Formaldehyd ist teilweise auch in Ortschäumen auf Polyurethanbasis, Lacken, Klebern oder Versiegelungen enthalten. Nicht nur im Wohnbereich treffen wir auf die Chemikalie: so erhalten knitterfreie Stoffe mit der Bezeichnung "bügelfrei" ihre gewünschten Eigenschaften durch Formaldehydbeigabe. Last but not least: beim Rauchen einer Zigarette entweichen neben den bekannten Schadstoffen auch Bestandteile des farblosen Gases. Formaldehyd ist seit über hundert Jahren als Klebstoff in Sperrholz- und Spanplatten enthalten, da die härtende Wirkung sehr gut für den Zusammenhalt der Materialteile genutzt werden konnte. Allerdings zersetzen sich die Harze im Zusammenwirken mit Luftfeuchtigkeit und geben Formaldehyd als Gas an die Umgebung ab.
Für Innenraumschadstoffe in Wohnungen gibt es in Deutschland keine gesetzlichen Grenzwerte, wie beispielsweise für elektromagnetische Felder. Als Richtwerte zur Risikoeinschätzung dienen deshalb die Einstufungen des Ausschusses für Innenraumrichtwerte (AIR). Seit 2016 gilt ein Vorsorgewert in Einstimmung mit der WHO von 0,1 Milligramm pro Kubikmeter Luft (Richtwert I. Diese Vorgabe sollte auch kurzzeitig nicht überschritten werden (gemessen über eine halbe Stunde). Formaldehyd in der Raumluft lässt sich auch durch die Maßeinheit Parts per Million (ppm) bewerten. 100 Mikrogramm je Kubikmeter entsprechen 0,08 ppm. Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass der Richtwert von 100 µg/m³ auch unter Extrembedingungen nicht unterschritten werden soll. Im Vergleich zum Richtwert I geht man bei üblichen Inneneinrichtungen ohne signifikante Formaldehydquellen davon aus, dass eine Hintergrundkonzentration von 20 bis 40 µg/m³ anzutreffen ist.
Als Arbeitsplatzgrenzwert gilt bisher ein MAK-Wert (maximale Arbeitsplatzkonzentration) von 0,37 mg/m³, dies entspricht 0,3 ppm. In Produktionsanlagen ist eine Absenkung des Formaldehyd-Emissionsgrenzwertes der TA Luft (technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) geplant: von einem Grenzwert von 20 mg/m³ auf voraussichtlich 1 mg/m³. Im Bereich des Arbeitsschutzes sind weiterhin die Paragraphen 2 Abs. 3 Nr. 4 und 10 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu beachten.
Baubiologen ermitteln die Raumluftkonzentration mit Hilfe eines geprüften Verfahrens nach DIN ISO 16000-3. Die zu beachtenden Randbedingungen für die Luftprobenahme werden in der DIN EN ISO 16000-1 beschrieben. Für die Probennahme werden fünfzig Liter mit einer Flussrate von 1,4 Litern je Minute über DNPH-dotiertes Silikagel geleitet, welches die Aldehyde aus der Raumluft zurückhält. Im Labor wird das Adsorber-Material mit Desorptionsmittel (Acetonitril) versetzt und die Lösung mittels Gaschromatographen vermessen. Die angezeigten Signale werden ausgewertet und mit externen Standards verglichen. Das Ergebnis liegt im Laborbericht in den Einheiten Mikrogramm je Liter und Parts per Million (ppm) vor. Bei einer Raumausstattung jüngeren Datums (< 5 Jahre) werden weitere 15 Aldehyde untersucht. Als Ergänzung zum vorgestellten Messverfahren für Formaldehyd können direkt anzeigende Messgeräte zur Quellensuche verwendet werden.
Wenn die Einbauteile fest verbaut sind, ist der Rückbau des belasteten Materials die effektivste Methode. Spanplatten oder Isoliermaterial sollten entfernt werden. Eingeschränkt wirksam ist das Abdichten der Formaldehydquelle mit einer Sperrschicht. Aluminiumfolie oder sperrende Lacke kommen für diese Methode in Frage. Von hoch belasteten Möbeln sollten sich die Eigentümer trennen. Als beste Möglichkeit, die Raumluft zu verbessern, kommt die kontrollierte Be- und Entlüftung in Frage. Bei hochbelasteten Räumen führt kein Weg am Einbau einer raumlufttechnischen Anlage (RLT-Anlage) vorbei. Eine reine Fensterlüftung wird das Schadstoffproblem nicht lösen. Grünpflanzen werden in den Medien oft als Luftreiniger empfohlen. Hingegen belegen wissenschaftliche Studien, dass der Schadstoffabbau durch einzelne Pflanzen sehr gering ist.
Wir führen in Wohnungen oder Arbeitsstätten Raumluftproben in einem oder mehreren Räumen durch. Sie erhalten ein ausführliches Protokoll mit den Inhaltsstoffen, eine Risikobewertung nach baubiologischen Kriterien und eine weitergehende Beratung über durchzuführende Maßnahmen.
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Joachim Weise
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Probennahme mit BiVOC2V2